Laufreviere, Teil 2: Lobau

Seit nunmehr fast 15 Jahren ist die Lobau sozusagen meine Lauf-Homebase – abgesehen von einer zweijährigen Lobau-Abstinenz aufgrund unserer temporären Auswanderung, die ich jetzt nicht nochmal ausbreiten möchte. Jedenfalls finden viele meiner Läufe dort statt.

Aber zunächst mal sollte ich kurz erklären, was die Lobau eigentlich ist – wenn man nicht in Wien oder Wien-Nähe wohnt oder mal gewohnt hat, weiß man das womöglich nicht. Es handelt sich um jenen Teil des Nationalparks Donau-Auen, welcher, wenn man sich entlang der Donau stromabwärts durch Wien bewegt, auf der Höhe des Biberhaufenwegs beginnt und sich dann für einige Kilometer an die in südöstliche Richtung strömende Donau anschmiegt (um es ein wenig romantisch auszudrücken). Ich bin mir aber nicht ganz sicher, wie weit die Lobau tatsächlich reicht und auch im allwissenden Netz findet man hierzu keine eindeutigen Informationen. So rein gefühlsmäßig würde ich sagen, dass der Nationalpark bis zur Schönauer Traverse Lobau heißt. Ich kann mich aber auch täuschen.

Groß-Enzersdorf, wo ich ja wohne, grenzt nördlich direkt an die Lobau, in etwa dort, wo die Lobau am breitesten ist. Folglich ist die Dichte meiner Läufe in der Lobau dort auch am größten. Möglichkeiten hat man aber wirklich viele – laufe ich von daheim aus in die Lobau und dann in Richtung Biberhaufenweg, bin ich auf direktem Weg ein wenig mehr als 8 km unterwegs. Zur Schönauer Traverse sind es in die entgegengesetzte Richtung ungefähr 13 Kilometer. Das heißt, dass mein Laufrevier eine Länge von etwa zwanzig Kilometer aufweist. Die „Breite“ der Lobau variiert stark, so zwischen 500 Meter und 5 Kilometer. Im Endeffekt ergibt sich so eine Fläche von ungefähr 22 km2.

Damit ist die Lobau knapp kleiner als der Lainzer Tiergarten und hinter dem Wienerwald und eben dem Lainzer Tiergarten das drittgrößte Naherholungsgebiet Wiens. Ein kleiner Teil der Lobau gehört dann schon zu Niederösterreich, aber ganz sicher bin mir hier nicht (weil ich ja eben auch nicht weiß, wie weit die Lobau tatsächlich reicht). Was die Infrastruktur innerhalb der Lobau betrifft, gibt es mittendrin die Vorwerkstraße, die vom Josefsteg bis nach Groß-Enzersdorf führt und großteils asphaltiert ist. Entlang der Vorwerkstraße gibt es auch zwei Trinkbrunnen – das zu wissen ist nicht ganz unwesentlich, wenn man im Sommer unterwegs ist. Ansonsten wird die Lobau südlich durch den Hubertusdamm begrenzt (wobei er ein wenig von der eigentlichen Grenze, der Donau, entfernt errichtet wurde), der im Anschluss an den Ölhafen beginnt und auf oder neben dem man laufen, spazieren oder radeln kann. Im Norden ist die Grenze zunächst bebautes Gebiet, unmittelbar angrenzend an die Lobau, und ab dem Ende von Groß-Enzersdorf gibt es dann auch nördlich einen Schutzdamm, der sich kurz nach Schönau mit dem Hubertusdamm „vereinigt“ und gemeinsam das Dammsystem „Marchfeldschutzdamm“ bildet (das bis kurz vor Hainburg führt). Innerhalb der Dämme gibt es viele Wege, die teilweise befestigt sind, teilweise aber bestenfalls als Trampelpfade durchgehen. So ganz grundsätzlich könnte man auf jegliche Infrastruktur pfeifen und querfeldein bzw. durch den Wald laufen, aber aus verschiedenen Gründen würde ich das nicht empfehlen. Die zwei wichtigsten: Einerseits sehe ich mich in der Lobau als Gast, der den Lebensraum und die Rückzugsgebiete der in der Lobau zahlreich lebenden Tiere zu respektieren hat – es gibt auch so genug zu sehen und zu entdecken. Andererseits ist die Lobau abseits der Wege weitgehend sich selbst überlassen und mitunter sehr dicht bewachsen – die Lobau wird auch gerne „der Dschungel von Wien“ genannt. Kleine Anekdote dazu: Vor Jahren habe ich mich mal im Winter, also eh bei vergleichsweise spärlicher Vegetation, verkoffert und wollte durch ein schmales Waldstück zurück auf einen Weg (den ich hinter dem Waldstück vermutet habe) gelangen. Innerhalb kürzester Zeit war ich so dermaßen im Gestrüpp verheddert, dass ich mich für ein paar Augenblicke gefragt habe, ob ich da jemals wieder rauskomme. Ende gut, alles gut – ich konnte mich offenkundig befreien und der vermutete Weg war dann auch wirklich da. Trotzdem: Es ist schon ratsamer, auf den Wegen zu bleiben, auch wenn man mal vom Entdeckergeist gepackt wird und es einen in die Wildnis zieht.

Für alle Geschichtsinteressierten gibt es in der Lobau vielleicht nicht allzu viel zu entdecken, aber man kann zumindest geschichtsträchtige Stellen besuchen und „besichtigen“ (auch wenn es nicht viel zu sehen gibt). Das Marchfeld und Teile des angrenzenden Wiens waren nämlich Schauplatz kriegerischer Konfrontationen zwischen der französischen Armee (unter der Führung von Napoleon) und den österreichischen Truppen. Ich bin selbst alles andere als ein Historiker und maximal oberflächlich interessiert bzw. informiert, deswegen möchte ich auch keine Details von irgendwelchen anderen Webseiten abschreiben (die dann vielleicht gar nicht stimmen). Nur so viel: Es gab jedenfalls die Schlacht bei Aspern (oder bei Essling, beide Namensgebungen sind wohl zulässig) und im Zuge derer wurde Napoleons Armee (am 21. und 22. Mai 1809) zurückgedrängt. Nachhaltig besiegt wurde sie aber eher nicht, auch wenn der heutige Siegesplatz aufgrund seines Namens dies vielleicht suggeriert. Trotzdem war der Ausgang dieser Schlacht bemerkenswert, weil davor hat Napoleon noch nie eine Schlacht nicht gewonnen. Bis Juli des selben Jahres konnte Napoleon dann aber genug Soldaten an diese Front beordern, um Österreich in der Schlacht bei Wagram entscheidend zu schlagen. Manche Quellen berichten von zigtausenden von Leichen und Schwerverletzten, die im Marchfeld verstreut herumgelegen sind – vermutlich kein sehr schöner Anblick. Jedenfalls schlug Napoleon damals seine Lager im Gebiet der heutigen Lobau auf, weswegen es Stellen gibt, die Namen wie „Franzosenfriedhof“, „Napoleonstein“ oder „Pulvermagazin“ tragen. Man darf sich da jetzt nichts besonderes darunter vorstellen – wären diese Stellen nicht beschildert, würde man daran vorbeigehen (oder -laufen), ohne sie überhaupt zu bemerken – aber für leidenschaftliche (Hobby-) Historiker mag es inspirierend sein, sich quasi auf den Spuren von Napoleon zu bewegen und sich vorzustellen, wie sich das damals, vor mehr als 200 Jahren, alles so zugetragen hat.

Zurück zum Laufen. Wenn ich einfach nur plus/minus eine Stunde laufen möchte und keine Lust auf kreative Routenplanung habe, kommt meine Standardrunde zum Einsatz, ansonsten gibt es viele Möglichkeiten, sich schöne Runden zu überlegen – theoretisch sind Läufe bis zu 60 Kilometer) möglich, ohne einen Weg zweimal belaufen zu müssen. Ich bilde mir ein, dass ich im Laufe der Jahre so ziemlich alle zugänglichen Wege kennengelernt habe, wie auf der nachfolgenden Heatmap ersichtlich ist. Und wenn man die Lobau dann noch kombiniert mit den angrenzenden oder nahegelegenen Gebieten (Donauinsel, Alte Donau, weiter runter die Donau-Auen entlang, oder auch Passagen im verbauten Gebiet), wird es so schnell nicht fad.

Meine Strava-Heatmap auf dem Gebiet der Lobau

Wenn es eine Sache gibt, die mir wirklich abgeht in der Lobau, sind das Hügel. Von Bergen red ich da gar nicht. Wenn man davon absieht die Schutzdämme rauf und runter zu laufen, gibt es quasi keine nennenswerten Steigungen. Selbst bei einem wirklich langen Lauf in der Lobau kommen – sofern keine Messfehler vorliegen – Höhenmeter im niedrigen zweistelligen Bereich zusammen. Und selbst da bin ich mir nicht sicher, ob das nicht eher Messungenauigkeiten sind. Das ist zwar durchaus günstig, wenn es darum geht, eine bestimmte Geschwindigkeitsvorgabe einzuhalten, aber manchmal macht sich dann doch das Gefühl von Monotonie breit. Hin und wieder sehne ich mich daher nach den Geländeformen, die in der Gegend der Wiener Hausberge zu finden sind. Aber was soll’s, in Wahrheit ist das ein Luxusproblem und ich kann mich meiner Meinung nach wirklich glücklich schätzen, als Läufer die Lobau quasi direkt vor meiner Haustür zu haben. Nachfolgend noch ein paar Impressionen aus der Lobau…

Ein paar Fotos, die im Zuge von Laufausflügen in die Lobau entstanden sind

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert