Ziemlich genau vier Jahre hat es gedauert, bis ich nun wieder mal eine Konferenzreise unternommen habe. Die letzte derartige Reise hat mich nach Pasadena geführt (da musste ich jetzt nachschauen, weil ganz sicher war ich mir nicht mehr). Dieses Mal hat es mich nach Platanias auf Kreta verschlagen – auch nicht die schlechteste Destination. Zum Baden war es mir noch ein wenig zu frisch, aber egal, ein wenig Meeresluft zu schnuppern ist ja auch ganz nett. Und ich war ja ohnehin nicht dort, um mir die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Der Konferenzalltag hat sich jedenfalls nicht geändert. Hin und wieder (aber eigentlich relativ selten) sieht man nun MaskenträgerInnen in den Vortragsräumen, ansonsten erinnert eigentlich nichts mehr an die Pandemie.
Dieser Eintrag hätte eigentlich auch „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“ heißen können. Vor allem die Anreise war nämlich nicht ganz unspektakulär. Eine kurze Erklärung: Platanias liegt mehr oder wenig direkt neben Chania. Leider gab es keine vernünftigen Flüge dorthin, weswegen ich mich entschieden habe, einen Flug nach Heraklion zu buchen, mir dort ein Mietauto zu nehmen und dann am späten Abend zwei Stunden nach Platanias zu fahren. Nicht ganz ideal, aber ok. So, jetzt wurde mein Hinflug 3 Tage vor dem Abflug nach hinten verschoben, was meinen ganzen Plan deutlich unattraktiver gemacht hat. Der Mietwagenfirma habe ich das umgehend mitgeteilt – leider über den (wie sich im Nachhinein herausstellte) falschen Kanal. Ich habe die E-Mail-Adresse des Kundenservice verwendet, was offenkundig ein Fehler war. Mein E-Mail wurde angeblich nicht gelesen und als ich um 0:15 zum Schalter gekommen bin, war niemand mehr da. Und um meine Anzahlung bin ich auch umgefallen. Mein Glück im Unglück war, dass ich nebenan dann beim zweiten Versuch eine Firma gefunden habe, die noch geöffnet hatte und mir auch ohne Reservierung ein Auto anbieten konnte (zu einem vernünftigen Preis). Ende gut, fast alles gut, aber ich musste nun mitten in der Nacht die nicht unanstrengende Autofahrt hinter mich bringen. Im Endeffekt bin ich um kurz vor drei in meinem Hotelbett gelegen, war aber so überdreht, dass ich mehr als eine Stunde brauchte, um dann endlich zur Ruhe zu kommen. Die Rückreise war (abgesehen von einer Flugverspätung) vergleichsweise unspektakulär.
Wie auch immer, darum soll es hier eigentlich gar nicht gehen. Vielmehr möchte ich erzählen, wie ich im Laufe der Jahre die Erkundungen der im Rahmen von Konferenzen oder Projektmeetings besuchten Orte im Laufschritt zu schätzen gelernt habe. Immer zahlt es sich nicht aus, die Laufsachen mitzunehmen, vor allem dann, wenn man extra deswegen Gepäck aufgeben muss, aber bei längeren Aufenthalten ist das Einpacken von Laufschuhen und 1 bis 3 Garnituren Laufgewand mittlerweile Routine. Aufgrund deren Weitläufigkeit sind amerikanische Großstädte oft relativ uninteressant – in Seattle und in San Diego zum Beispiel bin ich über Wohngebiete nicht hinausgekommen, was landschaftlich relativ unspektakulär war. In Boston hingegen macht das Laufen entlang des Charles Rivers schon Spaß. Europäische Städte sind üblicherweise lauftouristisch interessanter – die jeweiligen Stadtzentren sind im Normalfall vergleichsweise klein und locker abzulaufen. So oder so ist das Laufen eine unschlagbare Möglichkeit, um fremde Städte kennenzulernen. Man sieht deutlich mehr als beim Spazierengehen, tut sich so nebenbei etwas Gutes und kann ja trotzdem jederzeit stehenbleiben, um Fotos zu machen. Ich vergesse jetzt möglicherweise die eine oder andere Stadt, aber ich durfte auf diese Weise jedenfalls bereits Mayrhofen, Platanias (auf Kreta, das erste Mal bereits 2006 oder 2007), Seattle, Santa Eulalia (auf Ibiza), Evanston (neben Chicago), Patras, Boston, Hamilton, Bremen, Nashville, Chersonisos (ebenfalls auf Kreta), San Diego, Nantes, Nancy, Dublin und Tel Aviv kennenlernen.
Dieses Mal habe ich es immerhin geschafft, zwei Erkundungsläufe unterzubringen. Der erste davon führte mich von der Küste weg. Wie meistens bei griechischen Inseln hieß das auch dieses Mal, dass es vorübergehend sehr steil bergauf ging und nach einer kurzen hügeligen Passage führte mich ein sehr steiler Weg bergab zurück zur Küste. Diese Runde war landschaftlich super, inklusive der über den Bergen untergehenden Sonne. Drei Lehren durfte ich aus diesem Lauf ziehen. Erstens: es ist nicht sehr gescheit, den ganzen Tag über fast nichts zu essen, wenn man am frühen Abend laufen gehen möchte. Zweitens: es ist noch dümmer, den knurrenden Magen unmittelbar vor dem Lauf bekämpfen zu wollen. Drittens: Am allerdümmsten ist es, wenn man sich dann auch noch eine ganze Schale Taramara-Salat und ein Packerl Käse reinstopft… Ich hätte keine Minute später ins Hotel zurückkehren dürfen, die Konsequenzen wären sehr unschön gewesen. Auf der zweiten Runde wollte ich am Meer entlanglaufen, was nicht ganz so gut funktioniert hat, weil das, was man als Strandpromenade bezeichnen kann, nach ein paar Minuten zu Ende war. Dh die meiste Zeit war ich am Rand einer Landstraße etwa 100 oder 200 Meter vom Strand entfernt unterwegs. Ich musste also wieder einmal einsehen (wie schon während unseres Rhodos-Urlaubs letztes Jahr), dass Laufen auf griechischen Inseln nicht ganz unproblematisch ist. Meistens ist das Geläuf sehr unwegsam oder man läuft entlang irgendwelcher Autostraßen oder man muss sich auf schmalen Gehsteigen im stop-and-run Modus durch Touristenmassen kämpfen. Zumindest war dieses Mal die Temperatur relativ angenehm – so im Bereich von 18 Grad (am frühen Abend) bis 25 Grad (zur Mittagszeit). Trotz der (erwartbaren) Widrigkeiten war ich aber definitiv froh, meine Laufsachen dabei gehabt zu haben.
Die nächste Konferenzreise wird mich voraussichtlich im Herbst nach Minneapolis führen. Wie fast immer, wenn ich von solchen Reisen erfahre, habe ich zuerst mal Flüge und Hotels gecheckt und gleich danach Ausschau nach schönen Laufstrecken gehalten. Scheinbar gibt es unmittelbar in/neben der Stadt kleine und große Seen und einige Naturschutzgebiete bzw. fließt ja der Mississippi durch die Stadt – könnte gut werden!