Warum laufe ich?

First things first, wie es so schön heißt. Wieso tue ich mir das an? Was bringt es mir, von A nach B oder im Kreis zu laufen? Eine Sportskanone bin ich sicherlich nicht. Bereits in meiner Jugend war es so, dass mir das lange Laufen wesentlich mehr Spaß gemacht hat als das Sprinten. Meine „langen“ Läufe – in Anführungszeichen deswegen, weil ich damit alle Distanzen ab 800 Meter meine, was natürlich nicht wirklich weit ist – waren auch immer von wesentlich mehr Erfolg gekrönt. Es hat zwar nie dafür gereicht, bei irgendeinem Laufbewerb vorne dabei zu sein (ob bei Schulmeisterschaften oder später bei den diversen Volksläufen), aber irgendwie bin ich dennoch dabei geblieben und am Ende meiner Teen-Jahre ist es dann tatsächlich schon hin und wieder passiert, dass ich bewusst laufen gegangen bin – nicht im Rahmen des Fußballtrainings, nicht weil das im Turnunterricht auf der Tagesordnung stand, sondern einfach aus Spaß an der Freude.

Seither ist das Laufen eine Konstante in meinem Leben. Wobei, eigentlich stimmt das nicht, es ist eher so etwas wie eine oszillierende Größe, weil ich es leider nie geschafft habe, über einen längeren Zeitraum am Ball, oder besser gesagt in den Laufschuhen zu bleiben. Von läuferischen Ambitionen geprägte Monate (bis hin zu wenigen Jahren) haben sich immer wieder abgewechselt mit Monaten und Jahren der kompletten Laufabstinenz (aufgrund von kleineren Verletzungen und Wehwehchen oder vorübergehend anderen Freizeitprioritäten). Dennoch bezeichne ich mich seit mittlerweile 25 Jahren als Hobbyläufer.

Die eingangs gestellten Fragen beantwortet das aber noch nicht. Schlüssige Antworten gibt es ehrlicherweise auch keine. Ich weiß nicht, warum es mir Spaß macht, bei Kälte und/oder Dunkelheit und/oder Hitze und/oder Regen durch die Gegend zu hirschen. Immer tut es das auch nicht. Irgendeine leise, aber gewichtige Stimme in meinem Kopf (oder wo auch immer sie herkommt) bringt mich aber dennoch wieder und wieder dazu, meine Laufschuhe zu schnüren und mich auf den Weg zu machen. Rational begründen kann man das wohl nicht. Realistischerweise überwiegen jene Läufe, die zwischendurch mal (oder sogar die ganze Zeit über) fad und mühsam sind gegenüber jenen, in denen ich das vielzitierte Runner’s High erleben darf. Deutlich sogar. Insofern kann man, wenn man es ganz emotionslos und nüchtern betrachten möchte, durchaus feststellen, dass Laufen für mich gar nicht so sehr eine Leidenschaft ist, sondern vielmehr eine Gewohnheit, die ich nicht mehr loswerde, zu sein scheint. Wirklich befriedigend ist diese Schlussfolgerung aber nicht. Für mich persönlich habe ich die Suche nach einer schlüssigen, verständlichen und vor allem nachvollziehbaren Begründung aber längst aufgegeben (bzw. überhaupt erst gar nicht begonnen) und akzeptiert, dass ich mir das Laufen nicht ausgesucht haben, sondern das Laufen mich. Das ist eigentlich ein Blödsinn, weil natürlich kann sich eine Aktivität so ganz grundsätzlich gar nichts aussuchen, aber irgendwie fühlt es sich eben so an für mich. Punkt. Die Eisenbahn ist da schon lange drüber gefahren.

Darüber hinaus kann man beim Laufen so wunderbar ehrgeizig und ambitioniert sein und sich Erfolgserlebnisse bescheren, obwohl die dafür notwendige Leistung völlig irrelevant ist. Würde ich, der ich sporadisch Tennis spiele, ein Match wagen gegen einen Meisterschaftsspieler, würde ich wohl völlig chancenlos, ohne einem Spielgewinn auch nur nahe zu kommen, untergehen. Egal wie sehr ich mich anstrengen würde, das Ergebnis und der Weg dorthin wären frustrierend. Wenn ich hingegen bei einem größeren Volkslauf am Start stehe (muss nicht mal ein Stadtmarathon sein), dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich diesen Lauf gemeinsam mit wirklich guten Leuten beginne. Und obwohl das Laufen, das ich betreibe, mit dem, was die guten Läufer Laufen nennen, so ziemlich gar nichts zu tun hat, können die Spitzenläufer ihre Spitzenzeiten auf den Asphalt (oder einen anderen Untergrund) knallen, während ich eben meine persönliche Bestzeit angreifen kann. Oder irgendein anderes Ziel, das für mich an diesem Tag Sinn macht. Und wenn das erfolgreich war, wird mir möglicherweise große Euphorie zuteil, ganz egal, dass mein Tempo dabei für andere, bessere Athleten vielleicht nur ein gemütliches Jogging-Tempo darstellt. Hinter den Elite-Athleten, die im Normalfall alle gewinnen wollen, finden in der breiten Masse also viele kleine Rennen statt – gegen den Laufkumpel, gegen den Typen da vorn in der blauen Hose, gegen sich selbst. Und das war, ist und bleibt immer super.

Das muss reichen als Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Laufens.

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